Dieser Beitrag gliedert sich in zwei Teile:

  • Teil 1: Generations- und lebensphasenorientiertes Personalmanagement (GLPM) verstehen
  • Teil 2: Generations- und lebensphasenorientiertes Personalmanagement (GLPM) umsetzen

Der zweite Teil folgt Anfang Februar.

Für die Zukunft: Generations- und lebensphasenorientiertes Personalmanagement (GLPM) oder: Sehen Sie Ihre Mitarbeiter in Zukunft durch zwei Brillen.

Die Anforderungen in der Umsetzung des Qualitätsmanagements und in der täglichen Arbeit verlangen ein Umdenken bei den Führungskräften und Mitarbeitern. Gleichzeitig sind die persönlichen Kompetenzen und Ausbildungstiefen der Mitarbeiter in der Pflege sehr verschieden.

Die Mitarbeiter müssen für die Umsetzung im Alltag diese Änderungen aber verstehen und „mitgenommen werden“.

Um dies erfolgreich zu erreichen, müssen Führungskräfte die Besonderheiten der „vier Generationen in Unternehmen“ kennen und verstehen. Weiterhin ist für ein zukunftsfähiges Personalmanagement das Wissen von den verschiedenen Lebensphasen wichtig, in den sich die Mitarbeiter befinden.

Führungskräfte in der Pflege sollten daher ein generations- und lebensphasenorientiertes Personalmanagement in ihrer Arbeit einführen, um auch das Qualitätsmanagement erfolgreich umsetzen zu können. Dies wird im Folgenden nun genauer beschrieben:

 „Noch eine Krankmeldung für das Wochenende. Wie sollen wir die Patienten alle versorgt bekommen? Bei der Teamsitzung schauen alle Mitarbeiter betreten zum Boden. Keiner will freiwillig einspringen. Und dann sagt mir Julia* (*Namen sind fiktiv) einfach so ins Gesicht: „Da kann ich nicht. Ich habe ein Date mit Freundinnen“. Und die Patienten? Wer soll diese versorgen? Es scheint ihr ganz egal zu sein“, so Maria*, die Pflegedienstleitung des ambulanten Pflegedienstes. „In früheren Zeiten gab es so etwas nicht. Pflichterfüllung geht doch vor, oder? “

Kennen Sie dies vielleicht auch aus Ihrer Arbeit als Leitung eines Pflegedienstes oder einer Tagespflege? Und ärgern Sie sich auch darüber? Haben Sie als jüngere Pflegedienstleitung vielleicht selbst das Problem, dass ihr älterer Inhaber oder Geschäftsführer sie ständig, selbst abends oder am Wochenende wegen dienstlicher Themen anruft und nicht versteht, dass dies am nächsten Arbeitstag auch geklärt werden kann? Dann ist vielleicht das folgende Kapitel besonders wichtig für Sie.

Wie Sie In der Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft gelernt haben, die Patienten mit ihrer jeweiligen Lebensgeschichte im Rahmen der Biographiearbeit wahrzunehmen und jeden Patienten als Menschen mit individuellen Vorstellungen und Erwartungen zu betrachten, so kann dieser Ansatz auch auf die Mitarbeiter in Ihrem ambulanten Pflegedienst oder Ihrer Tagespflege übertragen werden.

Ihre Mitarbeiter kommen heute aus vier Generationen mit verschiedenen Grundhaltungen und sie sind in diversen Lebensphasen. Beides beeinflusst ihren Umgang miteinander und ihre Arbeit in Ihrer Pflegeeinrichtung. 

Im Alltag Ihrer Pflegeeinrichtung müssen heute oftmals 60- und 20-jährige Hand in Hand zusammenarbeiten. Eigentlich ganz normal – aber oftmals nicht unproblematisch. Denn wie in einer Großfamilie klaffen die Verhaltensmuster, Fähigkeiten, Ansichten und Erwartungen manchmal weit auseinander. Warum? Jede Generation ist geprägt von den Umständen ihrer Entwicklungszeit und jeder Mitarbeiter ist gefangen in seiner Lebensphase.

Zwei Beispiel zum Verständnis:

Maria*, die Pflegedienstleitung in einem ambulanten Pflegedienst berichtet: „Immer häufiger
erhalte ich von Janine* (Namen sind fiktiv) eine Krankmeldung per WhatsApp, 10 Minuten, bevor ihr Dienst beginnt. Es ginge ihr nicht gut. Sie meldet sich in den nächsten Tagen wieder. Das geht doch nicht, oder?“

Ursula*, langjährige Krankenschwester und „Stütze im Dienst“ kommt trotz Husten, Schnupfen und Heiserkeit zum Dienst in die Tagespflege. „Wenn ich nicht da bin, müssen ja andere Mitarbeiter darunter leiden und die Gäste sind nicht so gut versorgt.“ Und Ursula versteht gar nicht, dass die Pflegedienstleitung sie nach Hause schickt.

Fragen Sie sich manchmal, warum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so anders reagieren oder sich verhalten als Sie selbst? Gibt es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Gäste „duzen“ und sich wundern, wenn Sie als Pflegedienstleitung das nicht für angemessen halten?

4 Generationen im Betrieb

In Unternehmen in Deutschland, so auch in Ihrem Pflegedienst oder Ihrer Tagespflege gibt es derzeit 4 Generationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (und Sie gehören als Pflegedienstleitung selbstverständlich auch zu einer). Dabei sind die folgenden Beschreibungen nicht als „Schulbladen für Menschen“, sondern als Beschreibungen von Unterschieden in Lebensansätzen, Haltungen, Umgang miteinander etc. zu verstehen.

Die von der Mitarbeiter-Anzahl noch größte Generation ist die Generation der Boomers/Babyboomer. Diese sind 1946 bis ca. 1965 geboren und heutige Mitarbeiter im Alter von ca. 54 – 65 Jahren und älter). Die Mitarbeiter zeichnen sich stark durch die verbreitete Haltung „Leben, um zu arbeiten“ aus. Eine hohe Pflichterfüllung gegenüber dem Arbeitgeber und den Patienten oder Tagespflegegästen erschwert den Mitarbeiter/innen oft, auch mal nein zu sagen, wenn die Pflegedienstleitung wieder mal anfragt, für z.B. erkrankte Mitarbeiter einzuspringen oder Patienten wiederholt Wünsche und Forderungen (z.B. auf persönliche Betreuung „nur durch diese Schwester“) äußern.

Die zweite Generation wird Generation X genannt. Dies sind ca. 1965 – 1980 geboren Mitarbeiter. Ein gewisses Interesse an Karriere besteht; diese Generation lässt sich aber nicht allein von Geld motivieren. Neben dem Beruf ist weiterhin das Privatleben ebenso wichtig. Als Begriff dafür ist der „Wunsch nach Work-Life-Balance“ bekannt. Im Pflegealltag besteht eine gewisse Bereitschaft, auch außerplanmäßig einzuspringen oder Zusatzaufgaben durchzuführen, aber nur in begrenztem Rahmen. 

Die dritte Unterscheidungsgruppe in der Mitarbeiterschaft ist die Generation Y/ Millennials (ca. 1980 – 1995 geboren.  Es sind die jüngeren Mitarbeiter/innen in den Pflegeeinrichtungen. Man kann sie als die erste Generation beschreiben, die größtenteils in einem Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen ist. Anstelle von Status rücken die „Freude an der Arbeit“ sowie die Sinnsuche ins Zentrum ihres Lebens. Mehr Freiräume und die Möglichkeit zur Selbstgestaltung sowie mehr Zeit für Familie und Freizeit sind zentrale Forderungen der Generation Y. Sie will nicht mehr dem Beruf alles unterordnen, sondern fordert eine ausgeprägte Balance zwischen Beruf und Freizeit, so dass sich die Perspektive häufig in Richtung Balance zwischen Freizeit und Beruf ändert. Andererseits besteht hier Interesse am Beruf und zusätzliches Engagement, wenn der Sinn und die Wertigkeit von zusätzlichen Aufgaben oder Anfragen erkennbar sind.

Die nachfolgende Generation Z (ca. 1995 – 2010) (heutige Auszubildende bzw. Berufsanfänger) wird aufgrund ihrer Bedeutung für die Zukunft und den Verhaltensweisen und Auswirkungen in der Mitarbeiterschaft ausführlicher dargestellt:

Als prägende Charakteristika der Generation Z kann ein hohes Wohlstandsniveau mit der gleichzeitig verstärkten Wahrnehmung von Unsicherheit aufgrund von Globalisierungsthemen und -problemen wie Umweltschutz, Aufrüstung, Terrorismus etc.  benannt werden. Weiterhin gehört zur Generation Z eine kritische Distanz zur Vergangenheit, ein pragmatischer Optimismus sowie eine sehr geringe Loyalität und Emotionalität zum Arbeitgeber. Die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ist deshalb so gering, weil auch eine geringe Loyalität der Unternehmen (und Gesellschaft) bei Massen-Kündigungen erfahren wird. 

Generell handelt es sich um eine weniger materialistische Generation. Car-Sharing oder Mitfahrmöglichkeiten wie z.B. BlaBlaCar oder Drive2day sind, wenn ein Auto überhaupt notwendig ist, eher eine Option als ein eigenes Auto (als Statussymbol) zu haben. An Führungsaufgaben besteht ein geringes Interesse. Die Generation Z mag es häufig bequem, z.B. nach einer festen Struktur von 9.00 -17.00 Uhr zu arbeiten. Eine Abgrenzung von Arbeit und Privatleben ist stark ausgeprägt. 
Es zählt der Leitgedanke „Anything goes“. Sie möchte sich eine gewisse Freiheit in ihrer Arbeitszeitgestaltung bewahren, strebt aber gleichzeitig nicht nach Flexibilität.

Aufgrund der kritischen Betrachtung der vorhergehenden Generationen, der gesellschaftlichen und globalen Fragestellungen und Probleme zieht sich die Generation sehr stark in ihren Privatbereich zurück. Im Gegensatz zu den früheren Generationen geht es daher nicht um Work-Life Balance oder Work-Life-blending (fließender Übergang von Berufs- und Privatleben), sondern eine Trennung von Work und Life. 

Der Sinn und die Wertigkeit der Tätigkeit haben einen hohen Stellenwert. Geregelte Arbeitszeiten, unbefristete Verträge und klar definierte Strukturen im Job werden erwartet. Und dann ist natürlich „frei“ auch „frei“.

Je weiter die Mitarbeiter aus den verschiedenen Generationen auseinander sind, desto wichtiger ist es, die jeweiligen Unterschiede und Besonderheiten zu kennen und zu wissen.

Bildlich kann folgende Darstellung die vier Mitarbeitergenerationen darstellen:

NameBaby-BoomerGeneration XGeneration YGeneration Z
 Ca. 1946 – 1964 geborenCa. 1965 – 1979 geborenCa. 1980 – 1995 geborenCa. 1995 – 2010 geboren
Grundhaltungen und Vorteile im ArbeitslebenPatienten-orientiert,Dienstleistungs-orientiert,Wunsch zu gefallen,kooperativ, loyal gegenüber dem ArbeitgeberDienstleistungs-orientiert, kreativ, anpassungsfähig, 
auf Karriere konzentriert, begrenzte Überstunden
Optimismus,selbst-verständlicher Umgang mit Technologien,Multitasking,Hartnäckig bei Interesse, Freiraum wird erwartet, hohes Engagement bei sinnvoller Tätigkeit selbst-verständlicher Umgang mit Technologien,Multitasking,Klare Absprachen werden erwartet, Dienst ist Dienst und Frei ist Frei, Freiraum wird erwartet, hohes Engagement bei sinnvoller Tätigkeit 
Nachteile im ArbeitslebenWenig kritikfähig, wenig betriebs-wirtschaftlich orientiertUngeduldig,abnehmende LoyalitätUnsicher bei schwierigen Situationen oder Personen,geringe LoyalitätWenig Flexibilität,Unsicherheit, Flatterhaftigkeit, wenig Interesse an Führungs-aufgaben,zuhören und Einhalten von Absprachen ist häufig schwierig,geringe Loyalität 
     
Grundhaltungen und Vorteile im PrivatlebenHilfsbereitWunsch nach AbwechselungenWunsch nach Abwechselungen,Globalisierung und Zukunft belastetWunsch nach Abwechselungen,Globalisierung und Zukunft belastet und wird z.T. düster gesehen
Nachteile im PrivatlebenAuf Arbeit orientiert, können schlecht „nein“ sagenUngeduldigUnsicher bei schwierigen Situationen oder PersonenUnsicher bei schwierigen Situationen oder Personen
     
Für das Führen von Mitarbeitern in den Generationen bedeutet dies:Vorgaben, Anordnungen werden umgesetztVorgaben, Anordnungen müssen als sinnvoll verstanden werdenVorgaben, Anordnungen müssen als sinnvoll verstanden werden, sonst Diskussionen und/oder VerweigerungVorgaben, Anordnungen müssen als sinnvoll verstanden werden, sonst Diskussionen und/oder Verweigerung

© Wawrik Pflege Consulting 2019

Lebensphasen von Mitarbeitern

Frau Prof. Dr. Rump, Institut für Beschäftigung und Employability, Ludwigshafen hat das Modell der lebensphasenorientierten Personalpolitik entwickelt, welches wir hilfreich für Pflegeeinrichtungen finden.

Kurz und knapp vorweg zusammengefasst: Sie macht deutlich, dass Unternehmen im Rahmen ihres Personalmanagements Mitarbeiter differenziert mit ihren unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen und in ihren jeweiligen Lebensphasen (Elternschaft, Pflege, ) betrachten und sie in geeigneter Form unterstützen sollen, damit eine Vereinbarkeit von Lebens- und Berufssituation und eine Entwicklung und der Erhalt der nachhaltigen Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter möglich wird. Dies bezeichnet Prof. Dr. Rump als Modell einer lebensphasenorientierten Personalpolitik.

Sie macht deutlich, dass Fachkräfte in Unternehmen von großer Bedeutung für die Gesellschaft und Volkswirtschaft generell und grundlegend wichtig sind. 

Dem Bedarf an Fachkräften steht jedoch die Realität entgegen, dass heute schon und weiterhin auch in den nächsten Jahren mehr Fachkräfte aus dem Arbeitsprozess ausscheiden als in den Fachkräftemarkt einsteigen.Fachkräfteengpässe in vielen Berufsfeldern, besonders auch in der Pflege, gibt es heute schon in vielen Regionen in Deutschland. 

Somit führt dies nach Prof. Dr. Rump zu der Frage, was Unternehmen und Arbeitgebern helfen kann, Fachkräfte zu gewinnen. Oder aus Sicht der Mitarbeiter formuliert:

Wer ist ein guter Arbeitgeber? Was zeichnet ihn aus? Was macht ihn attraktiv, damit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dort gerne arbeiten und ihre Leistungsfähigkeit und
Motivation in das Unternehmen einbringen wollen? 

Und weitergehend: Wie müssen Arbeitsbedingungen und Personalarbeit gestaltet werden, damit die Mitarbeiter sich in ihrer Arbeitsumgebung wohlfühlen? Wie kann die Beschäftigungszeit eines Mitarbeiters möglichst lange für das Unternehmen gewonnen werden?

Es wird somit deutlich, dass heute und in Zukunft die Gewinnung und Bindung (und auch Verabschiedung) von Mitarbeitern eine große Bedeutung darstellt und vielfach eine Veränderung in der Personalpolitik eines Unternehmens erfordert. 

Der lebensphasenorientierte Ansatz bietet den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in unterschiedlichen Lebens- und Berufsphasen verschiedene und differenzierte Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz, in denen sie ihre sich wandelnden Anforderungen im beruflichen und privaten Bereich in Einklang bringen können. Dies trifft nicht nur auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu, die Kinder oder ältere Angehörige zu betreuen haben. Letztendlich profitieren alle Beschäftigten von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben. Das bedeutet weiterhin, dass die private Lebenssituation der Beschäftigten – unabhängig vom Familienstand –in Unternehmen Berücksichtigung finden darf und soll.

Die Grundzüge des generations- mit dem lebensphasenorientierten Personalmanagement verbinden wir nun. Kurz ausgedrückt: Sehen Sie Ihre Mitarbeiter in Zukunft durch zwei Brillen. Brille eins ist der Blick, welcher Generation der Mitarbeiter zuzuordnen ist, Brille zwei ist der Blick, in welcher Lebensphase er sich befindet.

Das Wissen aus diesen zwei Wahrnehmungen hilft Ihnen, Ihren Mitarbeiter besser 

  • zu verstehen,
  • mit ihm umzugehen, 
  • mit ihm zu kommunizieren, 
  • in Ihre Planungen und Tätigkeiten einzubinden und 
  • für Ihre Arbeit längerfristig zu motivieren.

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