Wie kann dies in Ihrem Pflegedienst oder in Ihrer Pflegeeinrichtung umgesetzt werden?
Erstellen Sie zunächst eine Matrix mit aus Ihrer Sicht relevanten Lebensphasen und -Themen und den vier Generationen. Wir haben das Modell von Prof. Dr. Rump bezüglich der Lebensphasen weiter differenziert, da z.B. die Situation mit kleinen Kindern (Betreuungsfrage) und pubertierenden Jugendlichen (Entwicklung des eigenen Freiraums, etc.) für die Mitarbeiter zu anderen Themen bzw. Belastungen führt.
Wie erhalten Sie Themen, die Ihre Mitarbeiter belasten und „mit zur Arbeit bringen“? In dem Sie sie fragen. Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen machen Sinn und helfen Ihnen, Ihre Mitarbeiter besser verstehen zu können.
Ergänzen Sie im nächsten Schritt die Muster-Matrix mit relevanten Informationen aus Ihrer Wahrnehmung, Befragung und Ihrem Alltag.
Ausgefüllt könnte diese Matrix z.B. so aussehen:
Leiten Sie nun als nächstes für die Mitarbeiter in Ihrem Pflegedienst oder ihrer Tagespflege oder ihrem Unternehmen mögliche Hilfen gemäß der Übersicht ab.
Ein Beispiel:
Ihre Mitarbeiterin Silvia* (Name ist zufällig) ist 58 Jahre alt, Single und versorgt ihre pflegebedürftigen Eltern, die in einer Wohnung in der Nähe wohnen.
Sie ist in der Lebensphase „Mitarbeiter mit pflegebedürftigen Eltern“ und „Mitarbeiter als Single“. Als Baby-Boomer zeichnet sie eine hohe Pflichterfüllung gegenüber ihren Eltern und ihrem Arbeitgeber bzw. den Patienten aus. Dies führt zu einer erhöhten Belastungssituation.
Was können Sie ihr mit diesem Wissen anbieten bzw. wie können Sie Ihre Mitarbeiterin unterstützen?
Da Silvia* im Gesundheitswesen arbeitet, müssten ihr die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Pflegeversicherung in der Regel bekannt sein. Bieten Sie trotzdem ein Informationsgespräch mit detaillierten Informationen über Hilfen an. Sind die Eltern schon eingestuft? Könnte ein Kurzzeitpflegeaufenthalt der Eltern und ein gleichzeitiger Urlaub für Silvia* eine Entlastung darstellen? Wäre eine Mitnahme vom Mittagessen aus dem benachbarten Altenheim für Silvia* eine Unterstützung, wenn sie nach dem Frühdienst für die Eltern noch kochen musste?
Ein weiteres Beispiel zum Verständnis:
Ihr Mitarbeiter Jan* (Name ist zufällig) ist 30 Jahre alt, lebt mit seiner ebenfalls teilzeitbeschäftigten Partnerin und dem gemeinsamen 2-jährigen Kind zusammen.
Er ist in der Lebensphase „Mitarbeiter mit jungen Kindern“. Als Mitarbeiter der Generation Y ist für ihn die Situation mit Partnerin, Kind, Betreuungszeiten absprechen etc. sehr belastend. Ein verlässlicher Dienstplan ohne Änderungen wird immer wieder von ihm gefordert. Mit anderen alleinerziehenden Mitarbeiterinnen und jüngeren Mitarbeitern in vergleichbarer Situation hat er wiederholt die Problematik angesprochen, dass die Kinderbetreuung besonders in den Ferienzeiten eine zusätzliche Schwierigkeit darstellt. Sie haben erlebt, dass er sich in der Vergangenheit wiederholt kurzfristig „krank“ gemeldet hat und vermuten, dass dies auch mit der Frage der Betreuung des Kindes zu tun hatte.
Was können Sie ihm mit diesem Wissen anbieten bzw. wie können Sie Ihren Mitarbeiter unterstützen?
Da Sie ein großer Pflegedienst in einer größeren Stadt mit drei Filialen in einem Umkreis von 6 km sind, und die Thematik „Kinderbetreuung in den Ferien“ nicht nur von „Jan“ angesprochen wurde, könnte ein Angebot für ihn, aber auch andere Mitarbeiter in vergleichbaren Situationen sein, dass Sie in einem der Räume Ihrer Filialen ein Kinderbetreuungsangebot in den Ferien anbieten. Die zusätzlich entstehenden Kosten für eine Betreuung sind schnell refinanziert durch weniger Krankheitstage von Jan und anderen Mitarbeitern.
So facettenreich wie Ihre Mitarbeiter sind, so vielfältig sind auch mögliche Lösungsansätze für die dienstlichen und privaten Fragen.
Eines wird aber seitens der Mitarbeiter immer positiv wahrgenommen: Der oder die Vorgesetzte ist neben den dienstlichen Belangen auch aufmerksam für die persönliche oder private Situation und bietet Hilfe und Unterstützung an.
Machen Sie zum Abschluss einen kleinen Text für sich. Was wissen Sie von Ihren Mitarbeitern in Ihrem Team?
a) Können Sie von jedem Mitarbeiter drei private Informationen aufschreiben?
b) Wissen Sie, wann Ihre Mitarbeiter Geburtstag haben?
c) Wissen Sie, wo Ihre Mitarbeiter/innen jeweils wohnen?
d) Wer von den Mitarbeitern selbst pflegebedürftige Eltern oder Angehörige zu Hause hat?
e) Wer gerade neu verliebt ist oder wer in Trennung lebt?
f) Bei wem das Kind vielleicht eine schwierige Phase durchmacht?
g) Bei wem in der Familie eine schwere Krankheit alle belastet?
Nicht, dass dies falsch verstanden wird: Es geht nicht darum, umfangreiche Dossiers von der Mitarbeiterschaft anzulegen. Sondern darum, die je eigenen Lebenssituationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kennen, um auf diesem Hintergrund Verhalten und Reaktionen besser zu verstehen und eine für alle Seiten zufriedenstellende und wertschätzende Arbeitssituation zu schaffen.
Für Führungskräfte wird es in Zukunft auch wichtig sein, richtig einzuschätzen, welche Haltungen, Grundeinstellungen, Denkmuster etc. die Mitarbeiter im Team haben.
Führungskräfte müssen einen Rahmen vorgeben und erklären und ggfls. Verhandlungsspielraum ermöglichen. Und sie müssen viel kleinteiliger als in der Vergangenheit erklären, erklären, erklären!
Eine persönliche Anmerkung:
Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, in Zukunft nur auf die Bedürfnisse der Generation Y und Z einzugehen. Eine mitarbeiterzentrierte Personalführung bedeutet, dass alle Mitarbeiter ihre Wünsche äußern dürfen und sollen. Eine Führungskraft darf das aber auch. Sie muss sagen können: An dieser Stelle spiele ich nicht mit. Die Generation Y und Z ist in der Regel intelligent genug, dann Kompromisse einzugehen, denn das ist die beste Art, um die gewünschte Harmonie aufrecht zu erhalten.
Dies war der zweite Teil. Hat er Ihnen gefallen? Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Schreiben Sie gerne einen Kommentar in das Kommentarfeld. Wir freuen uns auf Ihr Feedback!
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