Wie kann man in der sozialen Arbeit und in der Pflege den Erfolg der Tätigkeit messbar machen? Eine schwierige Frage, die aber nicht unlösbar ist.

Um etwas messbar zu machen, benötigt man Thesen, Kennzahlen oder Annahmen, die überprüft werden können. Beispiele dazu:

  • 90% der Patienten äußern sich zufrieden oder sehr zufrieden mit der Freundlichkeit der Mitarbeiter/innen.
  • Bei mehr als 25 % der Patienten können gleichzeitig SGB V und XI Leistungen erbracht werden.
  • Die Fahrzeitquote aller Frühtouren beträgt 21 % im letzten Monat.
  • Durch ein verbessertes Führungsverhalten reduziert sich die Quote der Kündigungen jährlich um 5%.
  • Von 10 § 37.3 SGB XI Beratungen können 4 Gäste motiviert werden, die Tagespflege mit einem Schnuppergutschein zu besuchen.
  • Von 6 Gästen, die die Tagespflege zum Schnuppern besuchen, kommen 4 Gäste wieder.

Letztendlich kann in der heutigen Zeit viel gemessen, bewertet und z.B. durch Controlling-Kennzahlen dargestellt werden. In unserer Beratungspraxis erleben wir häufig, dass entweder keine Absprachen zwischen Inhaber oder Geschäftsführung und Leitungskräfte zur Erfolgsmessung erfolgen – oder mit vielen Kennzahlen Daten zusammengestellt werden, die faktisch nur wenig Aussagekraft oder Hilfen für die Zukunft darstellen. Da viele ambulante Pflege- und Betreuungsdienste heute auch Tagespflegen betreiben und Synergien gut möglich sind, werden im folgenden beide Bereiche beschrieben und in Verbindung gesetzt.

Ich halte drei Thesen vorab für grundlegend wichtig:

  1. Weniger ist mehr

Damit ist gemeint, sich auf wenige Daten, Kennzahlen, Annahmen zur Erfolgsmessung zu konzentrieren

  • Daten muss man deuten

Daten sind kein Selbstzweck und müssen in Verbindung und Relation mit anderen Daten gebracht werden.

  • Aus Daten muss Handeln entstehen

Nur Daten oder Kennzahlen zur Erfolgsmessung zu erheben, ist der Mühe nicht wert. Aus der Auswertung oder Bewertung muss Handeln entstehen.

Für die ambulante Pflege können u.a. folgende Kennzahlen oder Annahmen für die Erfolgsmessung herangezogen werden:

Kennzahl 1: Umsatz pro Patient pro Monat

Wir errechnen den Umsatz pro Patient pro Monat einfach: Gesamtabrechnung letzter Monat geteilt durch die Anzahl der abgerechneten Patienten. Beispiel: 85.300 € abgerechnete Leistungen geteilt durch 145 Patienten ergibt 575,86 €. Ein ambulanter Pflegedienst ist tendenziell erfolgreich, wenn diese Kennzahl zwischen 500 – 800 € liegt. Wenn diese Zahl monatlich erhoben wird und tendenziell über mehrere Monate insgesamt steigt, kann man daraus tendenziell deuten, dass die Beratungskompetenz hoch und die Vereinbarungen mit den Patienten erfolgreich sind.

Kennzahl 2: Verhältnis aktive Patienten zu § 37.3 Kunden

Im Dezember 2021 lebten 4,2 Mio. pflegebedürftige Menschen in Deutschland in ihrer eigenen Häuslichkeit. 2,55 Mio. Pflegebedürftige erhielten Pflegegeld. 1.047 Mio. Menschen wurden durch ambulante Pflegedienste versorgt. Weitere 0,56 Mio. Menschen erhielten Pflegegrad 1 ohne Leistungen der ambulanten Pflege- und Betreuungsdienste.

Somit müsste ein ambulanter Pflege- und Betreuungsdienst neben seinen aktiven Patienten (z.B. 100) mindestens die gleiche Anzahl von § 37.3. SGB XI Beratungskunden (z.B. 100) vorweisen können. Wenn nicht, kann daraus abgeleitet werden, dass anderen Pflegediensten eine höhere Beratungskompetenz zugesprochen wird oder dass Sie in der Vergangenheit diese Anfragen abgelehnt haben und sich Pflegebedürftige mit Pflegegeldanspruch an andere Pflegedienste wenden.

Kennzahl 3: Fahrzeitenquote

Fahrzeitquoten von 17 -30 % der täglichen Arbeitzeit der Mitarbeiter/innen sind in der ambulanten Pflege nicht unüblich. Dabei sollte bei der Tourenplanung unbedingt darauf geachtet werden, dass diese Quote eher zwischen 15 – 23 % liegt. Visualisierte Tourenplanung, Reduzierung doppelter Wegstrecken und monatliche Auswertungen helfen den Erfolg Ihre Tourenplanung festzustellen, z.B. in dem über Monate die Fahrzeitquote von 28% auf 22 % sinkt.

Kennzahl 4: Kombi-Quote

Mit der Kombi-Quote ist die gleichzeitige Versorgung der Patienten mit SGB V und SGB XI Leistungen gemeint. Eine Quote über 25 % ist anzustreben. Je höher, desto i.d.R. besser.

Kennzahl 5: Ausschöpfungsgrad der Pflegestufen

Für die einzelnen Pflegestufen könnten Ausschöpfungsgrade ermittelt werden, die ein Maßstab für die Beratungskompetenz sein kann und Potentiale aufzeigen.

Kennzahl 6: Überstundenquote

Monatsüberschüsse sind für den Pflegedienst grundsätzlich anzustreben. Wenn diese aber nur durch steigende Überstunden erreicht werden können, ist dieser wirtschaftliche Erfolg nur kurzfristig. Höhere Überstunden können zu mehr Mitarbeiterunzufriedenheit führen, dies zu einer höheren Krankenquote und dies wieder zu weiteren Überstunden oder Fremdarbeitsstunden.

Kennzahl 7: Unternehmerisches Risiko

Das unternehmerische Risiko in der ambulanten Pflege ist nach einer entsprechenden Studie mit 4,95 – 6,47 % jeweils vom Gesamtbudget errechnet worden.

Im monatlichen Controlling sollte jeder Träger prüfen, ob sein Monatsergebnis mindestens das unternehmerische Risiko abgedeckt hat.

Kennzahl 8: Ergebnisentwicklung gesamt

Die (hoffentlich positive) Differenz von Erträgen und Aufwendungen der ambulanten Pflege ist für Träger von ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten eine zentrale Kennzahl.

Ein positives Monatsergebnis kann als Resultat von guter Beratung und erfolgreicher Akquise, guter Einsatzplanung, guter Tourenplanung des Fahrdienstes, sorgsamem Umgang mit den Sachkosten etc. gewertet werden.

Für die Tagespflegen sind folgende zwölf Kennzahlen wichtig:

Kennzahl 1: Belegung (Entwicklung der Belegung)

Mit den Pflegekassen werden Pflegesätze auf der Basis einer gemeinsam abgestimmten Kalkulation von prospektiven Personal- und Sachkosten, einer Pflegegradverteilung und einer Belegung vereinbart. Diese Belegungsannahme variiert je nach Bundesland (z.B. Sachsen 80 %, Hessen 85 %, Schleswig-Holstein 90 % usw.) in Abhängigkeit auch davon, ob es in dem jeweiligen Bundesland eine Ausfallregelung für kurzfristige Absagen von Gästen gibt.

Der Erfolg Ihrer Tätigkeit ist u.a. in der geplanten und vereinbarten Belegungsquote messbar. Ein Rückgang der Belegung muss einerseits zur „aktiven Akquise“ und Marketing-Aktivitäten und andererseits zu Anpassungen bei der Personaleinsatzplanung seitens der Leitung führen.


Kennzahl 2: Verträge ÷ Plätze (Verhältnis der abgeschlossenen Verträge zu den vorhandenen Plätzen

Dies ist vielleicht eine eher unbekannte Kennzahl, die das Potential der Gäste einer Tagespflege beschreibt. Untersuchungen und Erfahrungen haben ergeben, dass Tagespflegen mit dem Faktor 2,5 – 3 (Beispiel: 40 Verträge mit Gästen bei 15 anerkannten Plätzen) eine hohe Belegung vorweisen. Bei einem Rückgang dieser Kennzahl bzw. bei einem geringen Faktor muss seitens der Leitung mehr „aktive Akquise“ durchgeführt werden.

Kennzahl 3: Personalkosten (Planung und Entwicklung der Kosten)

Die Kalkulation für einen Pflegesatz geht davon aus, dass auf der Basis der prospektiven Belegungstage und der kalkulierten Personal- und Sachkosten ein auskömmliches Ergebnis erreicht werden kann.

Wenn IST-Personalkosten oberhalb der SOLL-Planung ohne eine höhere Krankenquote oder höhere Belegung durch Gäste entstehen, so ist zu vermuten, dass zu viel Personalstunden verbraucht werden. Die Personaleinsatzplanung ist zu überprüfen.

Kennzahl 4: Sachkosten (Plan und Entwicklung der Kosten)

Wie auch bei den Personalkosten werden Sachkosten prospektiv vom Träger kalkuliert und im Rahmen der Pflegesatzverhandlung vereinbart. Eine Abweichung der Sachkosten vom SOLL ohne eine Abweichung vom Belegungs-SOLL ist zu vermeiden und muss bei einer festgestellten Abweichung zu Handlungsschritten führen

Kennzahl 5: Investition (Aufwand – Ertrag)

Je nach Bundesland werden i.d.R. mit dem Sozialhilfeträger die Investitionskosten der Tagespflege (Kreditkosten oder Miete, Abschreibung des Inventars etc.) festgestellt und berechnet, der als Investitionssatz pro Belegungstag beschieden wird.

Eine Abweichung der Erstattung der Investitionsaufwendungen vom SOLL entsteht häufig bei einer niedrigeren Belegung als geplant und ist auch im ersten Betriebsjahr, dem „verflixten ersten Jahr“ üblich.

Hier kann an der Höhe der Investitionen i.d.R. nichts verändert werden, eine Verbesserung der Refinanzierung erfolgt nur durch eine höhere Belegung.

Kennzahl 6: Krankenquote (der Mitarbeiter)

Die Krankenquote der Mitarbeiter ist abhängig von einer Reihe von Faktoren, die die Leitung durch ihr Verhalten z.T. beeinflussen, z.T. aufgrund von Unfällen nicht beeinflussen kann.
Die Entwicklung der Krankenquote pro Monat in Verbindung mit der Begründung der Krankentage (soweit bekannt) muss seitens der Leitung monatlich betrachtet werden.

Kennzahl 7: Überstunden (Entwicklung der Überstunden)

Mit den Pflegekassen ist in der Pflegesatzverhandlung ein Stellenplan für die Tagespflege für das Folgejahr verhandelt worden. Das dort kalkulierte Personal sollte inklusive Urlaub und Krankheitstage die Betreuung durchführen können. Somit sollte eine Tagespflege i.d.R. nur geringe bis keine Überstunden aufweisen, außer, sie hat eine höhere als kalkulierte Belegung oder eine höhere Krankenquote. Für die Leitung bedeutet eine Feststellung von Überstunden ohne Begründung, die Personaleinsatzplanung zu überprüfen.

Kennzahl 8: zusätzliche Betreuung (Aufwand-Ertrag)

Zusätzlich zum Personal lt. Stellenplan kann ein Träger eine „zusätzliche Betreuung nach § 43b SGB XI“ verhandeln und die Betreuung verbessern. Es gibt neben dem Pflegesatz eine weitere Vereinbarung über einen Tagessatz der „zusätzlichen Betreuung“.

Das hierfür eingesetzte Personal muss einen Qualifikationsnachweis gem. § 43 b (vormals § 87 b SGB XI) vorweisen. Der Personalschlüssel dafür beträgt deutschlandweit 1:20. Der Aufwand für die zusätzliche Betreuung (i.d.R. Personal- und geringe Sachkosten) und die Erstattung dafür muss ebenfalls monatlich überprüft werden. Bei abweichender Belegung muss die zusätzliche Betreuung angepasst werden.

Kennzahl 9: Fahrdienst (Aufwand-Ertrag)

Aus der Verpflichtung nach § 41 SGB XI muss jede Tagespflege für sich klären, ob sie einen eigenen Fahrdienst anbietet oder mit Taxen- oder Mietwagenunternehmen eine Kooperation eingeht. Der Aufwand für den Fahrdienst (Personal- und Sachkosten) sollte durch die Erträge für den Fahrdienst gedeckt sein. Es ist daher regelmäßig der Fahrdienst seitens der Wirtschaftlichkeit, aber auch der effektiven Tourenplanung zu überprüfen.

Kennzahl 10: Ausfallrisiko durch kurzfristige Absagen

Tagespflegen, die die Ausfalls- und Absagequoten der Gäste auswerten, stellen z.T. fest, dass diese bis zu 30 % der geplanten Gäste betragen können. Ein freier Platz bedeutet auch, den Tag nicht abrechnen zu können. Ein wirtschaftliches nicht zu unterschätzendes Risiko für Tagespflegen.
Je nach Bundesland gibt es zunächst zwei formelle Kompensationsansätze: In Bayern und NRW darf z.B. nach Genehmigung durch die Pflegekassen und/oder den Landkreis eine Überbelegung bis zu einer definierten Anzahl von Gästen geplant werden. In Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein z.B.  können Träger einige Ausfalltage mit 75 % des Pflegesatzes bei kurzfristigen Absagen abrechnen und somit die Ausfälle etwas kompensieren.

Weiterhin sollte in den Pflegeverträgen formuliert sein, dass die Absage eines geplanten Besuchstages mindestens 24 Stunden vorher angekündigt werden muss. Ansonsten entsteht ggfls. eine private Kostenübernahmeverpflichtung.

Mit diesen beiden Rahmenbedingungen haben Sie eine erste Möglichkeit, einen Ausfall aus wirtschaftlicher Sicht etwas zu kompensieren. Wenn Sie weniger als 20 % Ausfall haben, ist dies schon eine gute Entwicklung.
Ansonsten gilt: Maximale Belegung planen, aktive Beratung, attraktives Marketing und Akquise für Ihre Tagespflege betreiben, eine Warteliste von Interessierten führen.

Kennzahl 11: Unternehmerisches Risiko

Das unternehmerische Risiko in der stationären Pflege wird nach einer entsprechenden Studie mit 4,84 – 5,62 % jeweils vom Gesamtbudget festgestellt. Für die ambulante Pflege ist dies mit 4,95 – 6,47 % berechnet worden.

Eine Tagespflege beinhaltet sowohl „stationäre wie auch ambulante Komponenten“, so dass 5,5 % aufgrund des höheren Ausfallrisikos wegen kurzfristiger Absagen anzusetzen sein sollte.

In den Pflegesatzverhandlungen der Tagespflege ist dies sehr häufig ein Streitthema. Trotzdem sollte jeder Träger dies nicht nur entsprechend beantragen, sondern auch im monatlichen Controlling prüfen, ob sein Monatsergebnis das unternehmerische Risiko abgedeckt hat.

Kennzahl 12: Ergebnisentwicklung gesamt

Die für die Träger und Inhaber wichtigste Kennzahl ist die Ergebnisentwicklung insgesamt, also das Ergebnis von Erträgen und Aufwendungen der Tagespflege.

Somit ist ein positive Monatsergebnis das Resultat von guter Beratung und erfolgreicher Akquise, guter Einsatzplanung, guter Tourenplanung des Fahrdienstes, sorgsamem Umgang mit den Sachkosten etc.

Im Rahmen des Qualitätsmanagements sollten zwei Faktoren regelmäßig „gemessen“ und bewertet werden:

Die Kundenzufriedenheit und die Mitarbeiterzufriedenheit.

Eine Reihe von Pflegediensten führen jährlich versetzt je eine der beiden Befragungen durch, werten diese aus und veröffentlichen die Ergebnisse.

Der Vorteil bei regelmäßigen Befragen mit möglichst vielen gleichen Fragen liegt in Möglichkeit, eine Gegenüberstellung der Befragungen verschiedener Jahrgänge zu erstelen und Entwicklungen zu erkennen.

Aber auch hier bedarf es Thesen oder Annahme, die dann verglichen werden:

  • z.B. die Kundenzufriedenheit sollte 85 % oder höher sein oder
  • mehr als 90 % der Patienten würden unseren Pflege- und Betreuungsdienst auch weiterempfehlen oder
  • mehr als 80 % der Mitarbeiter/innen bewerten die Kommunikation der Leitungskräfte positiv oder
  • mehr als 80% der Mitarbeiter/innen sind mit den vorhandenen Arbeitsmaterialien zufrieden oder

Befragungen sind wichtig und hilfreich, Entwicklungen messen zu können. Positive Rückmeldungen können als Bestätigung des „richtigen Weges“ gewertet werden. Berechtigte Kritik sollte zum Anlass genommen werden, Verhalten, Kommunikation, Absprachen etc. zu überprüfen und gfs. zu verändern.