Ein ambulanter Pflege- und Betreuungsdienst ist ein komplexes System. Viele verschiedene Faktoren wie z.B. der Beratungsansatz oder das Dienstplansystem oder ein zentraler oder dezentraler Parkplatz für Dienstwagen oder eine gute Software können zum inhaltlich und wirtschaftlich guten Erfolg beitragen – oder diese Zielsetzung behindern.
Für Pflegedienstleitungen und Inhaber/ Geschäftsführungen bedeutet dies, die gesamten Faktoren gut im Blick zu behalten und entsprechend richtige Entscheidungen zu treffen.
Die hohe Komplexität eines ambulanten Dienstes kann trotzdem vereinfacht im Modell 4G dargestellt werden, dass aufgrund von Benchmark-Vergleichen von ambulanten Diensten entstanden ist:
Neben einem guten Beratungs-, Personal- und Organisationsmanagement ist die Dienst- und Tourenplanung ein zentraler Bereich, der seitens der Pflegedienstleitung (oder Teamleitung bei größeren ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten) zu beachten ist.
Die Tourenplanung beeinflusst
- Den Personaleinsatz (Pflegezeit, Organisationszeit und Wegezeit)
- Die laufenden KFZ-Kosten
- Die Pflegequalität Ihres Dienstes
- Das wirtschaftliche Ergebnis
- a) Der Personaleinsatz:
Wenn eine Tour mit 6,5 Stunden Gesamtzeit geplant ist, dann setzen sich diese 6,5 Stunden aus den Faktoren Pflegezeit und Wege-/Dokuzeit zusammen. Richtigerweise müsste noch ein Anteil für die „Rüstzeit“ oder „Organisationszeit“ hinzugerechnet werden. Und bei Touren über sechs Stunden Arbeitszeit bitte nicht die Pause von mind. 30 Min. planerisch vergessen.
Die Tour ist somit eine Addition von Pflege-, Wege-, Rüst- oder Organisations- und ggfls. Pausenzeiten.
Beginnen wir mit der Pflege- und Wegezeit für den Patienten.
Durch die zeitliche Planung für den Pflegeeinsatz wird die Qualität definiert und die durchschnittliche Arbeitszeit vorgegeben. Hinzu kommt die Wegezeit zum nächsten Patienten, die pauschal oder individuell eingetragen werden kann (siehe am Beispiel der Arbeitshilfe):
Es gibt Pflegedienstleitungen und Software, die für die Wegezeit eine Pauschalzeit von jeweils fünf Minuten ansetzen.
Dieser Durchschnittswert kann „erfahrungsgemäß“ passen, aber z.B. viel zu hoch sein, wenn Sie in einem Hochhaus 15 Patienten versorgen oder zu wenig sein, wenn Sie im ländlichen Bereich mehrere Patienten auf verschiedenen Bauernhöfen versorgen.
Ich empfehle zunächst genaue Wegezeiten (+ 1 Min. für die Zeit aus dem KFZ bis zur Haus-/ Wohnungstür) zu planen. Später können diese ggfls. pauschaliert werden, sollten aber in gewissen regelmäßigen Abständen wieder genau überprüft werden.
- b) die laufenden KFZ-Kosten
Da in der Vergangenheit die Wegezeit wirtschaftlich nicht entsprechend der tatsächlichen Kosten mit den Kranken- und Pflegekassen vereinbart werden konnten und die „Wegepauschalen“ ja nicht nur den Aufwand zwischen zwei Patienten definieren, besteht für jede Pflegedienstleitung eine ständige Pflicht, die Fahr- und Wegezeiten möglichst gering zu halten.
Ich unterstelle, dass die Vorschriften im Straßenverkehr von der Pflegedienstleitung bei der Planung entsprechend beachtet und von den Mitarbeitern eingehalten werden.
Als Kennzahl für eine vertretbare Wegezeit sollen ca. 20 – 22 % der Zeit einer Tagestour benannt werden. Dabei sind aber auch hier die Bedingungen bei den Pflegediensten sehr verschieden und hängen z.B. davon ab, ob ein Pflegedienst einen zentralen Parkplatz hat und mit 10 Min. Rüstzeit zum Beginn der Tour anfängt oder ob die Mitarbeiterin den Dienstwagen mit nach Hause nehmen kann (Steuerpflicht klären!) und die Tour beim ersten Patienten anfängt.
Als Faustformel kann festgehalten werden: Je kürzer die täglich gefahrenen Kilometer und die Fahrzeit der Mitarbeiter, desto wirtschaftlich effektiver ist die Tour. Und auch ökologischer.
- c) die Pflegequalität Ihres Dienstes
Sie als Pflegedienstleitung (und nicht der Medinische Dienst der Krankenversicherungen) oder jemand anderes) geben durch Ihre Planungsansätze und Hinterlegung der Zeitvorgaben in der Software die Pflegequalität vor, die Sie von Ihren Mitarbeiter/innen erwarten und für die Ihr Pflegedienst bei Ärzten, Krankenhäusern und in der Öffentlichkeit gesehen werden soll.
Wer pflegt qualitativ am besten? Die Mitarbeiterin, die stets länger als Ihre Planungsvorgaben benötigt? Die Mitarbeiterin, die kürzer als Ihre Planungsvorgaben tätig ist (besonders am Wochenende)?
Ein Mitarbeiter pflegt m.E. qualitativ u.a. gut, wenn er freundlich, pflegefachlich korrekt und (ohne Störungen wie ein Notarzteinsatz oder zwei Krankenhauseinweisungen) Ihre Tagesplanung als Gesamtzeit so umsetzt, wie Sie realistisch geplant haben.
- d) Wie sieht Ihr wirtschaftliches Ergebnis Ihrer geplanten Tour aus?
Nicht jede Tour, nicht jeder Einsatz und nicht jeder Patient ist „wirtschaftlich“. Ich empfehle auch eher, die Tagestour als Ganzes zu sehen, deren Zeitplanung und -vorgabe von den Mitarbeitern beachtet werden sollte.
Natürlich muss die Summe aller Touren und deren Ergebnisse positiv sein, weil Sie ansonsten substanziell den Pflegedienst, die Versorgung der Patienten und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährden.
Als „Hilfsmittel“ für eine effektive Tourenplanung hat sich die Verknüpfung mit einer optischen Darstellung der Tour gezeigt.
Wie „sieht“ Ihre Tourenplanung aus?
Oder so?
Im zweiten Beispiel kann man von der „Perlenkette“ als Ziel einer Tourenplanung sprechen. Falls Ihr Pflegedienst einen zentralen Parkplatz hat, an dem die Tour beginnt und endet, dann haben Sie tatsächlich das Bild einer „Perlenkette“ s. Beispiel 3.
Handlungsempfehlungen:
- Sie definieren Ihre Qualität Ihres Pflege- und Betreuungsdienstes durch Ihre Zeitvorgaben in der Pflege. Achten Sie auf realistische Planungs- und Wegezeiten für Ihre Mitarbeiter/innen.
- Verwenden Sie Software, die die Tourenplanung visualisieren kann und Sie in Ihrer Planung optisch unterstützt.
- Vereinbaren Sie mit Ihren Patienten einen „Zeitkorridor“ (z.B. gegen 9.00 h +- jeweils 15 Min), da die Einsätze bei den Patienten i.d.R. nicht auf die Minute abgeschlossen werden können und es sich immer gewisse zeitliche Verschiebungen innerhalb einer Tour ergeben.
- Vereinbaren Sie mit Ihrem Team, dass Ihre Mitarbeiter die Tour so abfahren, wie Sie planen, da sonst Ihre ganzen Planungsansätze nicht mehr stimmen.
- Vereinbaren Sie mit Ihrem Team, dass Sie unverzüglich eine Rückmeldung erhalten, wenn sich der Pflegeaufwand verändert (= neue Pflegevereinbarung durch Sie) und wenn die Fahrwege so nicht eingehalten werden können (z.B. durch eine länger andauernde Baustelle).