„Hast Du auch schon gehört? Der Pflegedienst xx hat kurzfristig seinen Betrieb eingestellt. Und der Inhaber vom Pflegedienst yy will verkaufen. Und der Wohlfahrtverband zz hat zwei seiner drei Sozialstationen geschlossen.“

Kennen Sie in Ihrer Nachbarschaft auch solche Entwicklungen?

Gleichzeitig werden neue Pflege- und Betreuungsdienste gegründet oder Filialen von bestehenden Diensten eröffnet.

Wie passt dies zusammen?

Wir haben in Deutschland aktuell eine Parallelentwicklung in der ambulanten Pflege.

Für eine Reihe von Pflege- und Betreuungsdiensten war nicht nur die Einführung des „Tariftreuegesetzes“ zum 01.09.22 eine große Veränderung und wirtschaftliche Belastung,

Gleichzeitig sind kleinere Dienste durch Mitarbeiter*innen, die in Rente gingen oder gekündigt haben, an die Grenze ihrer Zulassungsvoraussetzung gekommen.

Und je kleiner ein Pflege- und Betreuungsdienst ist, desto schwieriger wird es, den Betrieb aufrecht zu erhalten, wenn mehrere Mitarbeiter*innen krank sind.

Inhaber*innen aus der Gründerzeit der privaten Pflege  (1993 – 1997) sind wie auch viele Mitarbeiter*innen in der ambulanten Pflege nach der Corona-Zeit erschöpft und sehen die nächsten Herausforderungen (Prüfung und Nachweispflicht der Umsetzung des „Tariftreuegesetzes, Umsetzung des Teleinfrastrukturgesetzes, Energierettungsschirm, etc.) mit Sorgen und haben oftmals einfach keine Lust mehr. Und wenn dann auch die fehlende Wirtschaftlichkeit noch eine weitere Belastung ist …

Die Konsequenz aus dieser Beschreibung ist die Schließung oder der Verkauf des Pflegedienstes aufgrund interner oder externer Gründe und Notwendigkeiten.

Das gleichzeitig neue Dienste gegründet oder Filialen eröffnet werden, zeigt, dass andere Betreiber in der ambulanten Pflege die heutige Realität und Zukunft anders sehen und bewerten.

Was sind deren unternehmerische Ansätze und Grundlagen?

Man könnte diese in folgende 9 Punkte zusammenfassen:

  1. Ambulante Pflege ist grundsätzlich Demographie bedingt ein systemimmanentes Tätigkeitsfeld und daher zukunftssicher.
  2. Eine Mindestgröße von ca. 80 – 100 Patienten und dafür entsprechenden Mitarbeiter*innen ermöglicht auch, mit unplanmäßigen Situationen wie Krankheit oder Unfall umzugehen.
  3. Ein regional definiertes Einzugsgebiet (z.B. Kleinstadt oder Stadtviertel), in der die ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen angeboten werden. Für Anfragen außerhalb dieses Einzugsgebietes sind Kooperationen mit anderen Betreibern vereinbart.
  4. Klare Vereinbarungen mit den Patienten, in denen ein „Zeitkorridor“ für die Pflege- und Betreuungsleistungen geklärt und Absprachen bei kurzfristigen Absagen von Patienten getroffen worden sind (Privatzahlung, „gelbe Karte“).
  5. Das Vorliegen eines Privatzahler-Kataloges für weitergehende Leistungen und Wünsche der Patienten und Angehörigen, die nicht von den Pflege- und Krankenkassen übernommen werden.
  6. Eine effektive Tourenplanung, in der auf geringe Wegezeiten geachtet werden und ein täglicher Soll-IST Abgleich durch die Pflegedienstleitung.
  7. Klare Vereinbarungen mit den Mitarbeiter*innen, wenn Patienten weitergehende Wünsche haben (Verringerung von Ehda-Leistungen durch neue Vereinbarungen durch die Pflegedienstleitung) oder wenn die Tour nicht so gefahren werden kann, wie geplant.
  8. Bei Bedarf Einzelvereinbarungen über SGB V Leistungen und Einzelverhandlungen SGB V und XI mit den Kranken- und Pflegekassen, um die Kostensteigerungen im Personal- und Sachkostenbereich entsprechend refinanziert zu erhalten.
  9. Faire Planung für die Mitarbeiter*innen, klare Absprachen und Kommunikation zwischen Pflegedienstleitung und Team.

Und wie sieht Ihre Zukunft für 2023 und 2024 aus?