Bonus und/oder andere Anreizsysteme: Jahresgespräch, Zielerreichung – und dann?

Ein Jahr ist um, das nächste Jahresgespräch steht an.

Bei Mitarbeitern wird das nächste Jahresgespräch vom Vorgesetzten wieder angekündigt, damit sich beide auf das Gespräch vorbereiten können. Das Protokoll (mit den Zielen aus dem letzten Jahr) wird dafür verwandt.

Im neuen Gespräch werden zunächst das vergangene Jahr beleuchtet und die persönlichen und fachlichen Planungen und vereinbarten Ziele reflektiert.

Im letztjährigen Jahresgespräch wurde z.B. mit der Mitarbeiterin vereinbart:

  1. Teilnahme an einer Fortbildung zur Wundversorgung
  2. Teilnahme an einer Fortbildung zur Kommunikation mit Angehörigen und Patienten
  3. Ein Jahr unfallfreies Fahren
  4. Ergebnis der Zufriedenheit bei der Kundenbefragung des Pflegedienstes Note 2,5 oder besser
  5. Ergebnis des Beschwerdemanagements des Pflegedienstes: weniger als 10 Beschwerden im Jahr

Nun werden die gesetzten Ziele im aktuellen Jahresgespräch reflektiert: Was ist erreicht worden, was nicht? Warum nicht? Gab es Außeneinflüsse, die die Zielerreichung nicht möglich gemacht haben?

Was wurde von den Fortbildungen für die tägliche Praxis mitgenommen und übertragen?

Unterstellen wir, dass die Mitarbeiter im Pflegedienst eine faire Vergütung für ihre Tätigkeiten erhalten, dann ist ihre gute Arbeit mit gutem Gehalt entlohnt. Gute qualitative Arbeit kann vom Vorgesetzten erwartet werden wie auch der Mitarbeiter Anspruch auf eine pünktliche und regelmäßige Entlohnung hat, die bei nicht tarifgebundenen Pflegediensten auch eine entsprechende Erhöhung nach 1-2 Jahren beinhalten sollte.

Mitarbeiter, die ihre Arbeiten nicht zufriedenstellend erbringen und auch die gemeinsam vereinbarten Ziele nicht erreichen, müssen sich entsprechend erklären können. Ebenso muss die Erwartung vom Vorgesetzten deutlich und offen kommuniziert werden. Der Leitsatz kann sein: Die Mitarbeiter fördern, aber auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten und der dienstlichen Notwendigkeiten fordern. Entwicklungschancen und -schritte sind vom Vorgesetzen positiv zu bewerten. Es kann aber auch genauso richtig sein, dass eine Beendigung des Dienstverhältnisses für alle Seiten besser ist, wenn gemeinsame Absprachen und Zielvereinbarungen wiederholt ohne besondere und nachvollziehbare Begründung des Mitarbeiters nicht eingehalten werden.

 

Vorgesetzte haben grundsätzlich die Pflicht, auf die allgemeine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter zu achten. Eine Bevorzugung einzelner Mitarbeiter kommt im Team nicht gut an und führt zu Konflikten mit dem Vorgesetzten und den bevorzugten Mitarbeitern.

Trotzdem kann im vertretbaren oder begründbaren Rahmen eine besondere Einzel- oder Teambewertung stattfinden, die als Einmalgratifikation benannt werden sollte, damit daraus kein automatischer Rechtsanspruch für die Folgejahre entsteht.

Wichtig ist, dass vor Einführung von Boni oder anderen Anreizsystemen dem Träger, der Geschäftsführung, dem Pflegedienstinhaber bewusst ist, dass dies einmal eingeführt, von Jahr zu Jahr fortgeführt bzw. adaptiert wird, aber nicht einfach wieder abgeschafft werden kann.

Boni oder andere Anreizsysteme sind für einzelne Pflegemitarbeiter eher selten, als Team-Bonus z.B. für die wiederholte Erreichung von Ziel d) und e) könnte aber z.B. aus dem Jahresüberschuss des Pflegedienstes ein einmaliger Betrag in Höhe von 500 € z.B. für eine gemeinschaftsfördernde Abendveranstaltung oder einen Ausflug ausgelobt werden.* Es geht nicht primär um die Höhe der Summe, sondern um das Zeichen der Anerkennung vom Vorgesetzten. Wenn dies also in einem Jahr ausgelobt wird, und im nächsten Jahr ohne begründete Erklärung entfällt, dann ist dies kontraproduktiv.

Wenn eine Mitarbeiterin sich aber im letzten Jahr besonders engagiert hat und mehrere neue Mitarbeiter empfohlen oder eine besondere Idee z.B. im Rahmen des innerbetrieblichen Vorschlagwesens eingebracht hat, die für den Pflegedienst besonders hilfreich war, dann können auch personengebundene einmalige Boni oder Gratifikationen als Geld- oder Sachleistung* im Rahmen des Jahresgespräches ausgelobt bzw. gewährt werden. Mir bekannt sind z.B. : Benzingutscheine, Zuschuss zum Mitgliedsbeitrag eines Sportvereins oder eines Fitnessstudios der einer Jahreskarte eines Schwimmbades, ein Gutschein für ein Abendessen mit dem eigenen Partner, …

Weitere Anerkennungen für Mitarbeiter sind gestellte moderne Dienstkleidung, an deren Entscheidungsfindung die Mitarbeiter beteiligt werden, moderne Handy und z.B. Dienstwagen, die z.B. mit nach Hause genommen werden und im definierten Rahmen (z.B. auch zum Einkaufen) genutzt werden dürfen* (s. auch die Marketingchancen von Dienst-KFZ im „häusliche Pflege-Blog“).

Im Grunde zählt alles, womit eine Wertschätzung über die besondere erbrachte Leistung deutlich wird und was den Mitarbeitern Freude bereitet und als Anerkennung wahrgenommen wird.

 

Die Bedeutung von Boni und anderen Anreizsystemen hat bei Führungskräften eine andere Bedeutung und einen anderen Stellenwert, besonders, wenn dies arbeitsvertraglich so vereinbart ist.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass auch Führungskräfte in der Sozialwirtschaft (und dazu zähle ich auch den Pflegemarkt) angemessen für ihre Leistung und Verantwortung entlohnt werden müssen.
Tarifeingruppierungen für Leitungen z.B. bei Caritas oder Diakonie, in denen die Pflegedienst-leitungen monatlich „nur“ 200 € brutto mehr verdienen als examinierte Pflegekräfte in den oberen Erfahrungsstufen, sind nicht mehr zeitgemäß und vielleicht auch ein Grund mit, warum es bei einigen Trägern schwierig ist, gute Pflegedienstleitungen zu finden.

Wenn ein Pflegedienst 30 – 50 Mitarbeiter beschäftigt und von einer PDL geführt wird, dann ist das im Grunde ein kleines mittelständiges Unternehmen. Ein angemessenes Gehalt für eine Führungskraft ist aufgrund der Personal- und Führungsverantwortung somit richtig und auch zu fordern. Dazu gehört heute sicherlich auch ein Dienst-KFZ mit der Möglichkeit der privaten Nutzung und die Vereinbarung einer flexiblen Arbeitszeit.

Mit Führungskräften in der Pflege (PDL, Teamleitungen) könnten im Jahresgespräch in der Zielvereinbarung z.B. folgende Ziele vereinbart werden:

(Beispiel)

Inhaltliche Ziele: Bewertung
1) Ergebnis der Zufriedenheit bei der Kundenbefragung des Pflegedienstes Note 2,5 oder besser 8%
2) Ergebnis des Beschwerdemanagements des Pflegedienstes: weniger als 10 Beschwerden im Jahr 3%
3) Ergebnis der Mitarbeiterbefragung: Note 2,5 oder besser 8%
4) Ergebnis der Personalverantwortung: weniger als 2 Eigenkündigungen von Mitarbeitern 5%
5) Ergebnis der selbstverschuldeten Unfälle des Dienstes: weniger als 10 5%
Wirtschaftliche Ziele:
6) Jahresergebnis: positiv mit …** % Überschuss 15%
7) Jahresergebnisse der letzten 3 Jahre: positiv mit …** Überschuss 28%
8) Umsatzwachstum im letzten Jahr: mind. 5 % 10%
Persönliche Ziele:
9) Teilnahme an einer Fortbildung zu … 8%
Weitere Ziele:
10) Einführung eines neuen Angebotes bis zum 31.12.: Service-Leistungen. Erstellung von Service-Leistungen (Inhalte und Preise), Kommunikation zu Mitarbeitern und Patienten, Bildung eines Teams Service 10%
11)
100 %

 

Diese Ziele können mit Prozent-Werten hinterlegt werden wie in diesem Beispiel:

Zielerreichung von 95% oder mehr:        Einmalige Gratifikation von einem Monatsgehalt.
Mehr nicht, damit kein Anreiz nur für eine kurzfristige Zielerreichung geschaffen wird.

76 – 94 %:                                                          75 % eines Monatsgehaltes

60 – 75 %                                                           50 % eines Monatsgehaltes

 

Mit einer entsprechenden Zielvereinbarung hat die PDL oder Führungskraft klare Perspektiven und einen klaren Auftrag seitens des Trägers und ist im Rahmen der gemeinsamen Vereinbarung daran beteiligt und kann nach (Teil)Erreichung der Ziele auch eine klare Anerkennung erhalten.

Dabei sei aber auch noch einmal gesagt: Geld oder „mehr Geld“ ist nicht allein der Motivationsgrund, warum eine PDL oder Führungskraft in einem Pflegedienst tätig ist.

Wenn seitens der Geschäftsführung oder der Inhaber nicht freundlich und respektvoll mit der PDL und Führungskraft umgegangen wird, wenn die Stärken und Talente nicht genutzt, wenn die Leistungen nicht anerkannt und geschätzt werden, wenn keine Mitbeteiligung in Entscheidungsprozessen stattfindet und wenn sie keine Unterstützung bei Problemen erfahren und mit Schwierigkeiten alleine gelassen werden, dann helfen Boni und andere Gratifikationen nur bedingt.

Führen durch Zielvereinbarungen unterstützt einen partnerschaftlichen und wertschätzenden Führungsstil, entlastet Inhaber und Geschäftsführer, ermöglicht Engagement bei Führungskräften und Mitarbeitern und stärkt den Pflegedienst auf seinem Weg in die Zukunft.

 

*für Boni und andere Gratifikationen gibt es steuerrechtliche Grenzen und Vorschriften. Bitte klären Sie Ihre Pläne vorab mit Ihrem Steuerberater, damit keine nachträgliche Versteuerung entsteht und Sie und die Mitarbeiter belastet.

** Umsatzziele muss jeder Pflegedienst individuell festlegen