Was passiert derzeit in Deutschland im Bereich der (Senioren-)Tagespflege? Wir haben in Deutschland eine Parallelentwicklung von Tagespflegen, denen es gut geht, weil sie nach wie vor eine hohe Nachfrage und Auslastung haben, und Tagespflegen, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befinden oder die zum Verkauf stehen oder die geschlossen werden sollen oder bei denen geplant ist, die Platzzahl zu reduzieren, weil die Auslastung und die Nachfrage rückläufig sind.

Der öffentliche Dienst hat im Frühjahr 2023 für die Jahre 2023 und 2024 bei der Tarifverhandlung einen Abschluss mit einer Einmalzahlung eines Inflationsausgleichs und einer deutlichen strukturellen und prozentualen Tariferhöhung im Frühjahr 2024 vereinbart, der von den Wohlfahrtsverbänden in gleicher oder vergleichbarer Weise übernommen wurde. Diese Regelungen werden auch in die Berechnung der „regionalen Entgelte“ einfließen, die Ende Oktober 2023 veröffentlicht werden.

Dies bedeutet, dass nach der Umsetzung des Tariftreuegesetzes mit deutlich höheren Pflegesätzen im Jahr 2022 auch in den Jahren 2023 und 2024 weitere große Steigerungen von 10 – 15 % in den Pflegesätzen und im Bereich Unterkunft und Verpflegung zu erwarten sind bzw. bereits verhandelt werden.

Ausgangssituation und Grundaussage in der (Senioren-)Tagespflege ist: Wirtschaftliche Stabilität kann nur durch eine gute Auslastung (geplant je nach Bundesland zwischen 85 – 94%) erreicht werden. Weitere große Kostensteigerungen bedeuten in der Praxis der Tagespflege, dass der eine oder andere Gast seine Besuche möglicherweise in der Tagespflege reduziert.

Was kann der einzelne Betreiber oder die Leitung einer Tagespflege in den nächsten 12 Monaten tun?

Wir empfehlen, kurzfristig mit folgenden 8 Punkten zu beginnen:

Punkt 1:          Corona ist vorbei. Der Rettungsschirm auch. Um eine gute Auslastung zu erreichen, müssen die Tagespflegen wieder verstärkt für sich werben und aktive Beratung betreiben. Leitung und Team sollten die Veränderung und Notwendigkeit in einer Teamsitzung besprechen und dann sofort mit neuer Motivation starten.

Punkt 2:          Umschreiben Sie den Begriff „Tagespflege“ in Ihrer Beratung, z.B. durch Seniorentreff, Tagestreff für Senioren etc.

Punkt 3:          Erhöhung der Anzahl der Verträge/Gäste. Bisher konnte eine durchschnittliche Tagespflege eine gute Auslastung erreichen, wenn sie ca. 2,5 mal mehr Verträge als Plätze vorweisen konnte. Erhöhen Sie diese Kennzahl für Ihre strategische Planung auf mindestens 3.

Punkt 4:          Details überprüfen. Ist der Fahrdienst kostendeckend oder müssen hier neue Vergütungssätze verhandelt werden? Stimmt der Personaleinsatz in der zusätzlichen Betreuung (§ 43b) mit der Kalkulation aus den Pflegesatzverhandlungen überein? Sind die Aufwendungen für Verpflegung, Wirtschafts- und Verwaltungsbedarf, Betreuungsaufwand etc. mit der Kalkulation vergleichbar?

Punkt 5:          Verbesserung Sie Ihre Beratungskompetenz. Differenzierte Beratung mit entsprechenden „Schlüsselworten“ für alleinstehende Pflegebedürftige (ein schöner Tag in Gemeinschaft, gemeinsam leckeres, selbstgemachtes Mittagessen genießen, gemeinsam den Tag gestalten etc.) und für belastete Angehörige (Ein freier Tag für Sie und ein sicherer Tag für den Pflegebedürftigen, ein Urlaubstag, mal Luft holen können, etc.) sind dazu hilfreich,

Punkt 6:          Nutzen Sie Arbeitshilfen. Ist der Flyer noch aktuell? Haben Sie noch Schnuppergutscheine als Geschenk (z.B. auch bei jeder § 37.3 SGB XI Beratung) zu Verfügung? Können Sie den Ablauf eines Tagespflege-Tages anhand eines Fotobuches aus Ihrer Tagespflege darstellen?

Punkt 7:          Sichern Sie für sich 2-3 kurze, emotional positive Geschichten oder Erlebnisse aus der Tagespflege, die Sie jederzeit erzählen können (Story-Telling)

Punkt 8:          Werden Sie nicht mutlos. Ja, es gibt aktuell viel Unruhe und auch z.T. schwierige Situationen. Tagespflegen sind aber inzwischen gesellschaftlich weiterhin anerkannt und ein wichtiger Faktor im gesellschaftlichen Gefüge mit einer guten Perspektive.