Im PSG III sind durch den Gesetzgeber im Bundestag und Bundesrat eine Reihe von Weiterentwicklungen und Verbesserungen für die Pflegebedürftigen, Angehörigen, aber auch Pflegedienste beschlossen worden.

Der § 84 Abs. 1 für den stationären und der § 89 Abs. 1 für den ambulanten Bereich ist jeweils um einen Satz (in Fett) ergänzt worden:
Beispiel 89 Abs. 1 SGB XI:

„Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muss leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden. Für eine darüberhinausgehende Bezahlung bedarf es eines sachlichen Grundes. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.“

Damit ist erstmals rechtlich durch den Bundesgesetzgeber im SGB XI verankert worden, dass Pflegedienste ihr unternehmerisches Risiko mit in die Pflegesatzverhandlungen legitimer Weise einkalkulieren können. Es gab zwar auch in der Vergangenheit schon einige ähnlich lautende Schiedsstellenbeschlüsse, trotzdem wurde dieser Punkt in der Vergangenheit von den Landesverbänden der Pflegekassen eher nicht als normaler Bestandteil der Pflegesatzkalkulation betrachtet und musste im Einzelfall verhandelt bzw. eingeklagt werden.

Als angemessen wurden in den vergangenen Schiedsstellenverfahren ca. 2-4 % als Aufschlag auf den errechneten Pflegesatz gefordert bzw. seitens der Pflegekassen anerkannt.
Der Bundesgesetzgeber hat sich in der Begründung zur Gesetzesänderung nicht konkret zu der Höhe geäußert. Die allgemeinen unternehmerischen Risiken, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen und die speziellen Risiken wie z.B. Haftungsfälle, Kosten der Fachkraftbeschaffung, Personalmehreinsatz, Abfindungszahlungen, Rechtsberatungskosten etc. lassen sich aber in der Praxis aufgrund von Erfahrungswerten ungefähr bestimmen.

Wenn Pflegekassen genaue Nachweise fordern: Ein unternehmerisches Risiko zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es nicht planbar ist und daher auch nicht konkret dargelegt werden kann. Allerdings kann z.B. durch eine Aufstellung der unvorhergesehenen Kosten bei einer Pflegesatzverhandlung dieses Risiko insgesamt thematisiert und entsprechend transparent gemacht werden.

Überdenkenswert finde ich die Haltung einiger Wohlfahrtsverbände und privater Dienste, die trotz der bisherigen, nun aber gesetzlich verankerten Möglichkeit weiterhin diese Komponente nicht in ihre Kalkulation einbauen wollen.
Welches Signal wird gegenüber den Pflegekassen und dem Gesetzgeber dadurch ausgesandt?
Wir haben kein unternehmerisches Risiko?
Wir verdienen schon genug Geld?
Warum hat sich der Gesetzgeber eigentlich für die Pflegedienste und die Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege eingesetzt?

Meine dringende Empfehlung:

Aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen sollte daher m.E. jeder Pflegedienst sein jeweils definiertes unternehmerisches Risiko für alle Leistungen einkalkulieren und einpreisen und unbedingt bei jeder neuen Pflegesatzverhandlung auf der Grundlage der Gesetzesänderung einbringen und verhandeln.