Haben Sie für Ihren Pflegedienst oder Ihre Pflege-Einrichtung ein Schutzkonzept für die Patienten und Bewohner erstellt? Und auch den Schutz der Mitarbeiter nicht vergessen?
Wenn nein, nehmen Sie sich dies bitte in diesem Jahr vor!
(aus: Häusliche Pflege Blog, 05/2018)
In Deutschland fehlt es an flächendeckend an Schutzkonzepten vor Gewalt in der Pflege. Diese Meinung vertreten Mainzer Forscher, die sich im März 2018 im Rahmen eines internationalen Symposiums mit der Sicherung des Wohls von alten Menschen beschäftigt haben. Zwar sei die Diskussion öffentlich geführt worden, konkrete Ansätze, wie die älteren Menschen vor dieser Gewalt geschützt werden können, hätten laut den Forschern aber weder Politik noch Wissenschaft vorgelegt. Doch wo fängt Gewalt in der Pflege an und welche präventiven Ansätze werden heute schon umgesetzt?
Im Hessischen Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) werden Betreiberinnen und Betreiber von ambulanten Pflegediensten und -Einrichtungen inzwischen verpflichtet, „geeignete Maßnahmen zu treffen, um Betreuungs- und Pflegebedürftige vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen.“
Wo fängt Gewalt in der Pflege an?
Das, was ein Mensch als Gewalt empfindet, hängt von gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Einflüssen sowie persönlichen Erfahrungen. Gewalt kann in ganz unterschiedlichen Formen sichtbar auftreten oder von außen nicht direkt zu erkennen sein.
In der Pflege beginnt Gewalt dort, wo
- Handlungen gegen den Willen des Pflegebedürftigen geschehen,
- der Betroffene verbal attackiert wird,
- Bedürfnisse der Patienten bewusst und/oder absichtlich ignoriert werden oder
- unerwünschte Handlungen an ihm vorgenommen werden.
Ursachen von Gewalt in der Pflege
Die Auslöser von Gewalt sind wie die Formen der Gewalt sehr vielfältig. Und: In Pflegeeinrichtungen kann Gewalt von beiden Seiten ausgehen – vom Pflegepersonal genauso wie von den Pflegebedürftigen.
Gründe für Gewalt, die vom Pflegepersonal ausgeht, können sein:
- Stress, bedingt durch Belastung oder herausforderndes Verhalten eines Patienten oder Angehörigen
- Permanente Überlastung, die nicht verarbeitet wird
- Zu problematischen Vorfällen kann es weiterhin kommen, wenn die Pflegekraft nicht geschult ist, um adäquat auf besondere Stresssituationen zu reagieren.
Gründe für Gewalt, die von Pflegebedürftigen ausgeht
- Krankheitsbedingt, weil sich z. B. das Gehirn verändert oder sich die Medikation negativ auf die Persönlichkeit auswirkt
- Ärger darüber, dass bestimmte Bedürfnisse nicht befriedigt werden
- Nicht-Akzeptieren des eigenen Schicksals
- Gefühl der Hilflosigkeit und Verlust der Selbstbestimmung
Ein Träger eines ambulanten Dienstes und einer Tagespflege hat in seinem Pflegekonzept sein Schutzkonzept wie folgt angekündigt:
„Aus den Erkenntnissen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ist in vielen Bundesländern die Pflicht zur Erstellung eines institutionellen Schutzkonzeptes auch für Träger in der Altenhilfe entstanden.
Den Verantwortlichen dieses Pflegedienstes und der Tagespflege ist der Schutz der Gäste, Angehörige und Besucher gleichermaßen Aufgabe und Pflicht.
Und es gibt noch eine weitere Dimension: Was Silvester 2015/2016 in Köln und zwischenzeitlich in vielen anderen Städten auch stattgefunden hat und bekannt geworden ist, ist aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege leider seit vielen Jahren Realität und trauriger Alltag: Bedrängt oder begrabscht zu werden, eindeutige verbale oder körperliche Übergriffe zu erleben. Lange Zeit haben Pflegekräfte dazu geschwiegen, weil sie sich nicht getraut haben und die „Schuld“ und die Gründe bei sich gesucht haben.
Ein Schutzkonzept für den ambulanten Dienst und die Tagespflege beinhaltet daher beide Dimensionen:
Übergriffe von Mitarbeitern auf Bewohner, Gäste und Dritte. Übergriffe von Gäste und Dritte auf Pflege- und Betreuungsmitarbeiter/innen.“
Die von mir erstellte beiliegende Szenarienmatrix als möglichen Teil eines Schutzkonzeptes stellt die Vielzahl der verschiedenen Realitäten und sich daraus ergebenen Handlungsverfahren dar und bietet Inhabern und Pflegedienstleitungen eine schnelle Hilfe dar.
Wie haben Sie Ihr Schutzkonzept erstellt und entwickelt? Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen. Ihr Peter Wawrik