Die Tourenplanung in ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten hat eine hohe Bedeutung und ist vielfach gleichzeitig ein lästiges Übel für Leitungskräfte: 
Für den Personal- und Sachmitteleinsatz und die Wirtschaftlichkeit in der ambulanten Pflege ist eine effektive Tourenplanung zentral wichtig. Gleichzeitig muss die Tourenplanung wegen Änderungen bei den Patienten (Krankenhausverlegung, etc.) und aufgrund von Krankmeldungen von Mitarbeiter:innen häufig täglich aktualisiert werden. Hinzu kommt die ständige Überprüfung der Planung und die Notwendigkeit eines ständigen Soll-IST Abgleiches zwischen den Planansätzen und den IST Zeiten und Meldungen der Mitarbeiter:innen.

Keine leichte, und keine freudebereitende Arbeit. Also wäre es doch gut, Arbeitserleichterungen in der Tourenplanung zu kennen und zu nutzen.

Welche Planungsansätze gibt es derzeit in der Praxis? Wir stellen zwei unterschiedliche Vorgehensweisen fest:

  1. Individuelle Planung

„Patienten sind individuell. Deshalb müssen wir bei jedem einzelnen Patienten die individuellen Pflegezeiten ermitteln und festlegen. Dafür fragen und beteiligen wir die Mitarbeiter:innen, wie lange sie beim jeweiligen Patienten benötigen. Und die Mitarbeiter:innen sollen uns auch noch sagen, wie lange der Fahrweg ist. Dies tragen wir dann in eine Planung ein und können so unsere Patienten und Mitarbeiter:innen zufrieden stellen“, so die Aussagen von Pflegedienstleitungen.

  • Planung mit Vorgabezeiten

„Wir nutzen hinterlegte Pflegezeiten aus der Software bei der Planung der Patientenversorgung und Erstellung der Touren. Für die Fahrzeiten nutzen wir die „Googlemaps“ Verknüpfung und lassen uns die Tour anschließend visualisieren, d.h. anzeigen. Damit erhalten wir im vereinfachten Verfahren Touren mit Vorgabezeiten, die von den Mitarbeiter:innen erfüllt werden müssen“, so der Ansatz von anderen Pflegedienstleitungen.

Und was ist nun richtig oder besser? Sie kennen vermutlich selbst die unterstützenden oder kritischen Argumente für oder wider der beiden Planansätzen.

Lassen Sie uns zunächst noch einmal zu den Grundlagen für eine Tourenplanung in der ambulanten Pflege zurückkehren:

Die Qualität Ihres Pflege- und Betreuungsdienstes definiert nicht der Medizinische Dienst, sondern Sie als Führungskräfte für Ihren Pflege- und Betreuungsdienst selbst. Unter anderem durch Ihre Vorgaben bei der Versorgung der Patienten/ Kunden und Zeithinterlegungen bei der Tourenplanung.

Die Durchführung von bestimmten (Behandlungs-)Pflegeleistungen ist pflegefachlich tendenziell einfach zu definieren: Eine „reine“ Insulingabe dauert ca. 2-3 Minuten. Kompressionsstrümpfe anzuziehen, dauert in der Regel ca. 5-6 Minuten. Und so weiter. Daher haben viele Pflege- und Betreuungsdienste in ihrer Software bei den Leistungs-Stammdaten Pflegezeiten hinterlegt oder nutzen Empfehlungen der Software-Firmen. 

Hierbei gibt es aber bei einer Reihe von Software-Firmen ein Problem:

Faktisch ist nicht die „reine“ Pflegezeit bei den Stammdaten hinterlegt, sondern z.B. für die Insulingabe 5 Minuten. Mit dieser Stammdatenhinterlegung sind 2 Minuten für die Pflegeleistung und 3 Minuten für die Begrüßung, kurze Krankenbeobachtung und Eintragung in die Pflegedokumentation gemeint. 

Sie merken diesen Software-Planansatz in Ihrer Tourenplanung, wenn Sie bei einem Patienten mehrere Leistungen erbringen, die die Software jeweils zusammenzählt. In der Praxis benötigen Sie und viele Ihrer Mitarbeiter:innen aber nicht die „Plan-Vorgabezeiten“ und sind faktisch schneller fertig.

Wenn aber dieser „Fehler“ erkannt ist, und eine Pflegeleistung in der Regel für einen großen Teil der Patienten definiert werden kann, dann könnte man sich die Planungsarbeit bei der Tourenplanung durch die Vorgabeplanung doch tatsächlich erleichtern, wenn man folgende Prämissen beachtet:

  1. Prinzip Stammdaten richtig hinterlegt nach plausiblen Pflegezeiten
  2. Prinzip Einführung einer Hausbesuchsgrundzeit 
  3. Prinzip 80/80
  4. Prinzip Visualisierte Touren
  5. Prinzip Fairness in der Planung
  6. Prinzip Genauigkeit und Großzügigkeit

Was ist mit diesen Prämissen gemeint? 

Mit dem Prinzip „Einführung einer Hausbesuchsgrundzeit“ wird 1x pro Hausbesuch eine „Leistung“ vergeben bzw. neu definiert, egal, wie viele Pflege-Leistungen zeitgleich erbracht werden. Diese Hausbesuchsgrundzeit könnte z.B. 3 Minuten betragen (Begrüßung, kurze Krankenbeobachtung, Pflegedokumentation). Dies kann einfach als neuer Leistungskomplex in der Software angelegt werden (Achtung: Es gibt auch Pflege-Software, in denen dies Prinzip schon seitens der Software-Firma hinterlegt ist). 
Wenn die Tourenplanung mit einer „Hausbesuchsgrundzeit“ pro Patienteneinsatz so geplant wird, dann müssen alle Pflegeleistungen einmalig auf ihre „reine“ Pflegezeit überprüft und korrigiert werden.

Das Prinzip 80/80 meint, dass die Planungen der Leitung als mit den Vorgabezeiten für ca. 80 % der Patienten und ca. 80 % der Mitarbeiter:innen gilt. Eine individuelle Ergänzung wäre also nur dann notwendig, wenn besondere, außergewöhnliche Gründe vorliegen: Ein Patient mit einer starken Kontraktur oder ein Mitarbeiter z.B. mit Kinderlähmung, der aufgrund seiner individuellen Situation nicht einen Weg zu Fuß in üblicher Zeit zurücklegen kann. Andererseits: Für den größten Teil der Patienten und Mitarbeiter:innen wären die hinterlegten Zeiten passende „Richtzeiten“.

Das Prinzip „Plausible Pflegezeiten“ verlangt, nicht Erfahrungs- oder Wunschzeiten der Mitarbeiter:innen, sondern fachlich begründbare Zeiten als Basis zu definieren. 

Das Prinzip „visualisierte Touren“ bedeutet, die Möglichkeiten der digitalen Tourenplanung zu nutzen und sich „anzusehen“, wie die Mitarbeiter:innen fahren sollen. Doppelte Wegstrecken sind möglichst zu vermeiden. 

Das Prinzip „Fairness in der Planung“ setzt voraus, dass die geplanten Pflegezeiten tatsächlich vom überwiegenden Teil der Mitarbeiterschaft erbracht werden können. Nicht der „schnellste“ und nicht der langsamste Mitarbeiter ist Maßstab.

Das Prinzip „Genauigkeit und Großzügigkeit“ ist kein Widerspruch in sich: Die Planung beim einzelnen Patienten sollte gem. Leistungsvereinbarung minutiös und genau erfolgen (so wie die Software Ihnen die einzelnen Leistungen zusammenaddiert). Großzügigkeit meint, dass der/die Mitarbeiter/in die Zeitvorgaben beim einzelnen Patienten tendenziell beachten und die gesamte Tourzeitvorgabe mit der Versorgung aller Patienten als verpflichtend sehen sollte. Optimalerweise wäre (ohne Patientenausfall oder Sondersituation in einer Tour) Ihre Planzeit und die IST-Zeit der Mitarbeiter:in fast deckungsgleich.

Wenn Sie also eine aktuelle Software nutzen, die die richtigen Einstellungen und Hinterlegungen aufweist, gibt es kein Argument mehr, sich die Arbeit zu machen, bei jedem einzelnen Patienten individuell die Zeiten zu überlegen, zu planen und dies in eine Tourenplanung zu übertragen.
Nutzen Sie Arbeitshilfen, die die digitale Weiterentwicklung ermöglicht und Ihnen zur Verfügung steht. 

Unsere Tipps: 

  • Tourenplanung mit Vorgabezeiten erleichtert Ihre Planungsarbeit
  • Prüfen Sie ca. alle 2-3 Jahre Ihre hinterlegten Pflegezeiten auf Richtigkeit
  • Machen Sie Ihre Grundlagen/ Ihre Prizipien bei der Tourenplanung transparent und offen
  • Visualisieren Sie Ihre Tourenplanung (Soll-IST)